
Wandern in den Bergen - Ein Bergretter erklärt die wichtigsten Regeln
Wandern am Berg kann schnell gefährlich werden, wenn man keine Ahnung hat. Worauf man achten muss.
Wunderschöne Natur, Bewegung, Aktivität, Abenteuer, das Glücksgefühl am Gipfel anzukommen - Wandertouren gehören für viele zu den schönsten Erlebnissen. Dem gegenüber stehen schnell hereinbrechende Unwetter, Kälteeinbrüche, die Gefahr sich zu verirren oder sich zu verletzen.
Vieles davon kann man vermeiden, wenn man weiß, wie man sich verhält und nicht durch Ahnungslosigkeit unnötige Risiken eingeht.
Einer, der sich am Berg auskennt, ist Michael Renner, Einsatzleiter bei der Bergwacht Ramsau. Ab 14. April sind er und seine Kollegen in der Doku-Serie "In höchster Not - Bergretter im Einsatz" auch im TV-Einsatz (BR, ARD).
Vorbereitung auf die 1. Wandertour
Als allererstes solle man Informationen einholen, etwa bei Alpenvereinen und Bergschulen, rät Renner. Es sei auch keine schlechte Idee, die erste größere Tour mit einem Bergwanderführer, also der Vorstufe eines Bergführers, oder einem erfahrenen Freund zu machen. Der Bergretter empfiehlt etwa eine Hütten-Tour für ein Wochenende in den Bergen.
Anfangs sei es auch gut, sich nicht zu viel vorzunehmen. "Zu Beginn muss es auch kein ausgewachsener Berg sein. Eine Anhöhe reicht oft schon aus, wo man ein bisschen länger unterwegs ist und ein Gefühl für das Wandern in den Bergen bekommt", sagt der erfahrene Alpinist.
Erste-Hilfe-Kurs von Vorteil
Renner: "Unabhängig davon, ob man in die Berge geht, schadet es nicht, sich ab und zu mal mit dem Thema Erste Hilfe zu beschäftigen."
Wichtig: Die eigenen Fähigkeiten kennen und richtig einschätzen
"Das wird natürlich besser mit der Erfahrung, die man sammelt", beruhigt Renner, aber "man sollte lieber klein anfangen und sich langsam an größere Ziele heranarbeiten". Je besser man sich selbst einschätzen könne, desto besser und leichter könne man Touren planen. Sollte man jedoch auf einen Gletscher wollen, rät Renner unbedingt zu einem Kurs "beim Alpenverein oder in einer Bergschule".
Nie allein wandern
"In puncto Sicherheit gilt, je mehr, desto besser", sagt der Bergretter. "Auf jeden Fall würde ich zwingend empfehlen, eine Tour in den Bergen nicht allein zu machen. Man sollte wenigstens zu zweit sein." Sollte nämlich irgendwann doch etwas passieren, könne die zweite Person Erste Hilfe leisten oder einen Notruf absetzen. Dazu sei es in den Bergen oft notwendig, einen Platz zu suchen, wo man Handyempfang hat.
Hier aufpassen: Was man unterschätzt
Was tatsächlich viele beim Bergsteigen unterschätzen, weiß der Experte, sei der Höhenunterschied. "Nach ein paar hundert Höhenmetern ist man einfach nicht mehr auf der gewohnten Höhe, wo man sich das ganze Jahr über aufhält, sondern viel höher. Da wird es viel schneller kalt. Das Wetter schlägt sich ganz anders nieder, schlägt viel schneller und stärker um, als man es gewohnt ist."
Wichtig sei, immer etwas Warmes zum Anziehen mitzuhaben, auch im Sommer. "Einen warmen Pullover oder eine Regenjacke, je nachdem, was im Wetterbericht vorhergesagt ist. Mütze und Handschuhe sind auf jeden Fall auch wichtig. Je nachdem, wo man sich aufhält und wie hoch man steigt, kann das auch im Hochsommer ein Thema sein. Wenn man sich den 3.000 Metern nähert, sind sie ein Muss."
Wie viel Ausrüstung sollte man mitnehmen
Wer zu viel einpackt, schnallt sich einen Hinkelstein auf den Rücken. Manche Wanderer hätten "einfach gar keine Chance, jemals da anzukommen, wo sie gerne ankommen würden", so Renner. Man müsse sich trotz des Gewichts des Rucksacks noch wohlfühlen und sich gut bewegen können.
Was sind die perfekten Bergschuhe?
"Über die richtigen Schuhe wird gerne ein bisschen emotionaler diskutiert. Natürlich sollten sie einen hohen Schaft haben, damit man nicht umknickt, und auch eine halbwegs stabile Sohle. Wichtig ist vor allem aber, dass man einen guten Halt hat, sich wohlfühlt und sich nicht gleich Blasen läuft."
Wo gibt's den besten Wetterbericht?
Renner: "Ich selbst lese mir gern das Bergwetter beim Alpenverein durch. Das ist in Textform und mit ein paar Piktogrammen wird relativ gut erklärt, was einen erwartet. Im Gegensatz zu vielen Wetter-Apps ist das Bergwetter nicht stundengenau. Also dass man weiß, um elf Uhr fängt es an zu regnen oder zu gewittern und dann plant man, eine halbe Stunde vorher am Ziel zu sein. In dieser Kleinteiligkeit sollte man eine Bergtour tatsächlich nicht planen. Wenn man mal nicht so schnell vorankommt oder irgendetwas schiefgeht, dann sitzt man quasi schon mittendrin."
Wie setzt man einen Notruf ab?
Das Problem in den Bergen sei, dass man oft wenig oder gar kein Netz hat. In so einem Fall funktioniert nur die Notruffunktion am Handy. "Die berühmten W-Fragen sollte jeder kennen. Vor allen Dingen das Wo ist wichtig. Wir haben ganz häufig das Thema, dass die Leute gar nicht wissen, wo genau sie unterwegs sind. Da wird es dann schwierig. Deswegen ist es für uns am besten, wenn wir das Handy einfach orten können. Moderne Handys können den Standort automatisch übertragen", weiß der Bergretter.
Hat man ausreichend Netz und kommt bei 140 (Bergrettung) oder 144 (Rettung) durch, soll man keinesfalls zu früh auflegen. Es "gilt, alle Fragen des Disponenten zu beantworten und auch dann erst aufzulegen, wenn er sagt, dass man auflegen darf. Oft behalten sie die Leute noch in der Leitung und stellen sie für gezielte Nachfragen an uns durch. Wenn das Gespräch beendet ist, sollten der Akku gespart und keine weiteren Anrufe getätigt werden. Die Leitung sollte auch frei bleiben, damit wir zurückrufen können", warnt der Experte.
Wandern mit Kindern - Was muss man beachten?
"Für Kinder ist es völlig egal, wie der Berg oder der Gipfel heißt. Sie verlieren schnell mal die Lust. Darum sollte man mit Kindern auch mehr Zeit einplanen. Es braucht vielleicht auch ein bisschen pädagogische Kreativität, um sie dann wieder zum Weitergehen zu motivieren." Eine Pause oder Jause oder einen kindgerechten Weg, wie Wanderwege mit Wichtelpfaden würden helfen, weiß der Bergretter aus eigener Erfahrung. "Aber wenn man mit Kindern unterwegs ist, dann muss einfach der Ehrgeiz der Eltern zurückstehen. Der Weg ist das Ziel und irgendwann kommt man vielleicht an oder auch nicht. Den Kindern ist das, wie gesagt, völlig egal."
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